Nordschwarzwald Radmarathon 16.8.2009

Sonntag 4.30Uhr, der Wecker klingelt. Und wieder einmal frage ich mich, warum ich mir das antue. Diese Frage wird wohl noch Generationen von Radsport-Verrückten beschäftigen. Es soll ein heißer Tag werden – 31 Grad sind vorhergesagt. Unangenehm ist es trotzdem, sich um fünf Uhr morgens mit Sonnencreme einzuschmieren.

Pünktlich um 6 treffe ich mich mit Jens an der Anmeldung. Eigentlich fahre ich dieses Jahr ja nur mit, damit ich endlich ein Trikot mitnehmen kann. Letztes Jahr gab es ja nur eine Trinkflasche. Ich bekomme die Startnummer 69 – mein Jahrgang. Widerstrebend mache ich sie am Trikot fest, da die Sicherheitsnadeln tatsächlich in den 10 Stunden auf dem Rad rosten und braune Flecken am Trikot hinterlassen.

Dann geht es endlich los. Im Gegensatz zu meinem geplanten „langsamen angehen“, werden wir gleich von mehreren Gruppen mitgerissen. Insbesondere nach Bad Teinach holt uns eine Gruppe ein, die mit 40 km/h die leichte Steigung hochrollt. Ich bin froh, dass nach dieser Hatz die erste Verpflegung ansteht, doch Jens will gleich weiter. Nur nicht so viel Pause. Später merke ich, dass mir etwas Erholung bei den Kontrollstellen doch besser getan hätte. Ab Bad Teinach bin ich sozusagen auf meiner Hausstrecke unterwegs. Doch der Marathon macht auf dem Weg nach Breitenberg einen kleinen Schlenker, den ich nicht kenne. Anstatt kontinuierlich bergauf geht über einen kurzen aber heftigen Stich (den steilsten des Tages mit wohl kurzfristig bis 19%) nach oben. Der weitere Weg nach Dobel verläuft ziemlich unspektakulär, hier sind wir ziemlich allein auf der Strecke. Kurz vor Dobel holen wir noch einen Fahrer ein, der stets fast auf dem Mittelstreifen fährt. Eigentlich wollte ich mitfahren, doch auf dem Mittelstreifen ist mir Windschatten einfach zu gefährlich. Auch in Dobel drängt Jens schnell aufs Weiterfahren.

Eine Steigung kommt noch vor dem berüchtigten Kaltenbronner Pass. In diesem Anstieg hinter Bad Herrenalb holen wir zwei Mitstreiter ein, mit denen wir gemeinsam die rasende Abfahrt hinunterrauschen. Vermutlich haben wir dabei eine Abfahrt verpasst, so dass wir wohl ein paar Höhenmeter gespart haben, aber dafür eine kleine Umleitung gefahren sind. Grund für die verpasste Ausfahrt könne auch gewesen sein, dass bei der Abfahrt in Loffenau uns ein Bus in einer sehr engen Strasse entgegenkam und wir mehr auf den Verkehr als alles andere achten mussten.

Dann geht es den gefürchteten Anstieg nach Kaltenbronn hoch. Jens lässt schon sehr früh abreißen, ich fühle mich aber noch gut und will oben auf ihn warten. Einer unserer Begleiter fährt ein Rad das vermutlich etwas weniger wiegt als meine beiden Trinkflaschen zusammen. Allein die Räder (Leightweight) kosten vermutlich das doppelte von meinem Rad. Er hat riesige Oberschenkel und sieht auch sonst ziemlich austrainiert aus. Er beschwert sich noch bei mir, dass er so viel wiegt und lieber sein Gewicht gegen mein Rad tauschen möchte. Doch dann lasse ich ihn hinter Reichtal fahren und versuche meinen Tritt zu finden. Das gelingt mir auch recht gut und Kaltenbronn erscheint mir diesmal gar nicht so schlimm. Oben angekommen machen mir zwei Knirpse einen Stempel auf meine Kontrollkarte, wobei sie mir aus lauter Eifer sogar gleich zwei Stempel verpassen. Ich schiebe mir wieder zwei Riegel rein und kippe drei Gläser Apfelschorle hinterher. Dann beginnt aber mein Magen zu rebellieren und ich quäle mich mit Magenproblemen die nächsten 80km durch die Gegend. (Am Ende wurde es Gott sei Dank wieder besser.) Ca. 10-15min später kommt auch Jens an die Kontrollstelle, er hatte sich zwischendurch allerdings noch erleichtert und damit Gewicht für die steilsten Stücke gespart.

An dieser Stelle möchte ich auch zwei negative Dinge zu diesem ansonsten sehr schönen Marathon – sowohl landschaftlich, familiär und mit sehr viel Liebe organisiert – sagen. Nummer eins ist, dass das Getränkeangebot alles andere als Sport-orientiert ist. Bad Teichnacher sponsert die Getränke und so gibt es eben zwei Schorlen und Sprudel. Bis auf Bad Teichnach selbst gibt es keine stillen Wasser und auch keine isotonischen Getränke. Zwar wären letzteres in der Tat nur eine Zugabe, aber bei dem heißen Wetter hätten isotonische Getränke sehr geholfen. Ich denke, dass die vielen Schorlen und das ganze Gas in meinem Bauch sicher zu den Magenproblemen beigetragen haben. Der zweite Punkt sind die praktisch nirgends vorhandenen Zuschauer, die einen auch mal anfeuern. Dafür können die Organisatoren eigentlich nichts, außer vielleicht ein bisschen mehr Werbung zu machen. Aber schade ist es schon, wenn man bei anderen Marathons an vielen Stellen angefeuert wird und man hier nicht mal im Ziel empfangen wird.

Aber zurück zur Fahrt. Wie auch im letzten Jahr habe ich mir ein paar Körner für den Anstieg nach Simmersfeld aufgehoben. Denn dieser hat es so kurz nach Kaltenbronn noch mal richtig in sich. Jens fällt wieder etwas zurück, doch ich warte dann oben auf ihn. Gemeinsam radeln wir bis Neuweiler, wo es noch mal einen kurzen Anstieg gibt, den unsere inzwischen gefundenen Begleiter hochdrücken. Ich fahre mit und Jens sagt mir, dass wir uns in Bad Teinach wieder treffen. Der kurze Vorsprung reicht gerade aus, dass ich in Bad Teinach schnell auf Toilette gehen kann. Gemeinsam schleichen wir dann nach Emberg hoch. Obwohl ich recht langsam fahre, ist Jens wieder ein Stück hinter mir. Auf der anderen Seite ist es auch ganz gut, daß wir nicht so schnell fahren, denn meinem Magen geht es gar nicht gut. Da wir immer noch mit einem recht hohen Stundenmittel unterwegs sind, treffen wir jetzt auf eine Reihe von Fahrern, die „nur“ die kleine Runde mit 155km fahren. Die meisten sind allerdings zu langsam für uns, obwohl wir gefühlt auch nur noch über die Straße kriechen.

Dann finden wir eine kleine Gruppe und schließen uns an. Mit ihnen fahren wir im Tal eine Umleitung, da die „übliche“ Strecke gesperrt ist. Dies bringt uns am Ende ca. 10km mehr ein als die veranschlagten 233km. Vor der nächsten Kontrolle in Huchenfeld ist der letzte schwere Anstieg zu meistern. Ich suche meinen Tritt und als ich oben allein ankomme, fahre ich erstmal langsam weiter. Doch dann finde ich noch einen Begleiter, mit dem ich bis zur Kontrolle mitfahre. Kurz nach mir ist auch Jens da, dem es langsam wieder besser zu gehen scheint. Auch bei mir lassen die Magenschmerzen langsam nach. Da Jens sich noch etwas ausruhen will, fahre ich schon mal langsam los. In der folgenden Abfahrt muss ich in Würm in einer Zone 30 hinter einem Auto warten. Schade, hier hätte man es bequem mit 50 Rollen lassen können. Im Würmtal radle ich locker und leicht vor mich hin, bis mich ein Radler einholt. Im folgenden (relativ leichten) Anstieg nach Tiefenbronn denke ich, dass ich ihn lieber fahren lassen soll. Doch er wartet auf mich – vielleicht bin ich auch bergauf immer noch recht gut drauf. Später erfahre ich, dass er auch den Marathon gefahren ist – aber nicht „offiziell“ und mit nur einer Pause – beeindruckend! Zwischendurch will er kurz an einer Tankstelle seine Flaschen wieder auffüllen, so fahre ich allein weiter. Später wird er mich wieder einholen und wir fahren gemeinsam bis ins Ziel. Zwischendurch gebe ich noch mal kurz Gas und hole eine Zweiergruppe ein, die die 155km Runde fährt und ein lockeres Tempo einschlägt. Ich unterhalte mich sehr nett mit einem der beiden und bewundere sein Rad. Ich schwärme ihm noch ein bisschen was von den Marathons vor – vielleicht fährt er demnächst auch seinen ersten. Dann sind wir auch schon im Magstad und es geht einen kleinen Anstieg zum Ziel hoch. Das mobilisiert meine Kräfte und ich sprinte förmlich ins „Ziel“. (Eigentlich gibt es kein echtes Ziel, es gibt ja auch keinen echten Start.) Dort wird ein letztes mal kontrolliert und ich bekomme als Belohnung eine Tüte Olbas-Bonbons. Das Trikot soll wohl in ca. 6 Wochen kommen. Ich freu mich schon drauf.

Etwa 5 bis 10min später kommt auch Jens ins Ziel. Ich bin tief beeindruckt – er hatte ja „nur“ eine wegen Unwohlsein abgebrochene 100km Runde als Vorbereitung. Ich bin immerhin zumindest regelmäßig Rad gefahren. Wahrscheinlich hat er einfach eine ungewöhnliche Physiologie. Vermutlich bauen sich bei ihm Ausdauer und Kraft nur minimal über die Zeit ab, während sie bei mir nach 2 Wochen Pause praktisch weg sind. Nach dieser Hitzeschlacht gibt mir Jens noch einen Cola-Mix aus. Den kann ich gut gebrauchen, denn die letzten 80km hab ich kaum noch getrunken, um meinen Magen zu schonen.

Nachdem wir schon wieder etwas zu Kräften gekommen sind, kommt auch die erste Frau ins Ziel, die den Marathon geschafft hat. Sie bekommt einen Blumenstrauß und ich denke bei mir: Zumindest war keine Frau vor mir im Ziel. Später gratuliere ich ihr noch, sie hat ihr Auto direkt neben meinem geparkt, und bin beeindruckt, dass sie schon zum neunten Mal dabei ist.

Ob ich den Marathon noch mal fahre, weiß ich noch nicht. Aber das habe ich das letzte mal ja auch schon gesagt…

Hier noch ein paar Daten.

Höhenprofil:Höhenprofil Magstadt 2009

Meine Ergebnisse: Magstadt 2009 Ergebnisse

Die Teilnehmerkarte: Magstadt 2009 Teilnehmerkarte

Das Trikot:

Trikot 2009 2 Vorderseite

Trikot 2009 2 Rückseite

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert