Dreiländergiro 2023

Nachdem ich mir letztes Jahr ein neues Rad gegönnt hatte, wollte ich es gern auf einer Veranstaltung einweihen. Wegen vieler positiver Berichte fiel meine Wahl auf den Dreiländergiro in Nauders. Leider war bereits im September die lange Strecke (168 km, 3300hm) ausgebucht, weshalb ich mich schnell für die kleinere Runde (120 km, 3000hm) einschrieb. Auch diese führt von Prad aufs Stilfser Joch, das Highlight der Rundfahrt war damit auf jeden Fall dabei.

Nun hieß es nur noch, sich gut vorzubereiten. Frei nach Murphys Gesetz kam mir jedoch eine Krankheit dazwischen, die mich zu einer 6-wöchigen Trainingspause zwang. Außerdem musste ich in der Folge alles etwas ruhiger angehen lassen. Trotzdem nahm ich mir eine Zielzeit von 6h vor, womit ich in den Startblock 3 aufgenommen wurde.

Um die Atmosphäre rund um den Giro zu erleben, reiste ich schon am Donnerstag an. Dazu hatte ich mir auch für zwei Veranstaltungen bei den sogenannten „Girodays“ (Veranstaltungen rund um die Tour) einen Platz gesichert.

Gleich am Donnerstag nahm ich an einem kleinen Laktattest teil, bei dem man in drei Pulsbereichen den letzten Anstieg des Giros, die Norbertshöhe, fahren sollte. Besonders beim niedrigen Puls (115 bpm) musste ich aufpassen, dass ich bei der niedrigen Geschwindigkeit am Berg nicht umfalle. Dafür hat anschließend „Vollgas“ den Berg hoch richtig Spaß gemacht. Zwei Tage später gab es dann eine E-Mail mit einer Empfehlung von 160 bpm als Richtwert für das Stilfser Joch. Außerdem hatte ich beim Test noch einen wirklich sehr netten Mitstreiter aus der Bonner Gegend kennengelernt, der mich später beim Giro mit einer richtig guten Zeit beeindruckt hat.

Am Freitag startete dann zunächst das „Race Across the Alps“. Das laut Veranstaltern härteste Eintagesrennen der Welt mit 525 km, über 14.000 hm mit vielen bekannten Alpen-Pässen. Respekt für alle, die das geschafft haben. Und der Sieger hat dieses Mal sogar einen neuen Streckenrekord aufgestellt, mit einem Schnitt, den nur wenige selbst auf der kleinen Giro-Runde schaffen.

Nachmittags stand dann noch eine „Cappuccino-Runde“ um den Reschensee auf dem Programm.

Kirche im Reschensee
Versunkene Kirche im Reschensee

Den See und die versunkene Kirche in Ruhe zu sehen, war ein tolles Erlebnis – genauso, wie mit so vielen Radbegeisterten unterwegs zu sein. Es waren auch alle Fitness-Niveaus vertreten – vom „Fast-Profi“ bis hin zum „Biergarten-Radler“. So war ich am Ende für den Giro guten Mutes, irgendwo in der Mitte des Feldes anzukommen. Die Runde war leider viel zu schnell vorbei. Und es war schade, dass wir zwischendurch keinen Stopp für einen Cappuccino hatten und sich am Ende alles schnell auflöste. Allerdings wäre es mit gefühlt 100 Fahrern auch schwer gewesen, irgendwo Plätze in einem Café zu finden.

Am Abend kam dann Peter an und gemeinsam schauten wir uns dann noch das „Night Race“ an. Es war beeindruckend, die Profis durch die engen Gassen von Nauders flitzen zu sehen. Und in den letzten Runden wurde es dann auch tatsächlich schon dunkel, sodass die Straßenbeleuchtung dem Rennen noch einen besonderen Glanz verlieh.

Den Samstag wollte ich mir für die Erholung freihalten und bin nach der Startnummer-Ausgabe etwas Wandern gegangen. Die Gegend um Nauders ist wirklich sehr schön und lädt zu vielen Aktivitäten ein.

Burg Nauders
Burg Nauders neben der Festwiese

Gegen Abend gab es dann die übliche Pasta-Party auf der Festwiese und eine Einführung in die Strecken.

Nach einer kurzen Nacht startete der Giro am Sonntag pünktlich 6:30 Uhr. Leider hatte ich Peter im vollen Startblock nicht gefunden. Dies war allerdings kein Problem, da er deutlich fitter war und so jeder in einer für ihn passenden Gruppe fahren konnte.

Die ersten Kilometer waren glücklicherweise abgesperrt, denn nach dem Start musste sich das große Feld von etwa 3000 Startern erst einmal sortieren. Nach ein paar Metern ging es zum Reschenpass hoch sofort richtig zur Sache, wodurch sich gleich langgezogene Gruppen bildeten. Hier wurde ich zunächst vom Ehrgeiz übermannt und war für meine geplante Marschtabelle etwas zu schnell.

In der folgenden Abfahrt nach Prad hatten wir in einigen Abschnitten sehr böigen Seitenwind. Mit meinen neuen Aero-Felgen wurde ich immer wieder zur Seite gedrückt, worauf ich deutlich Fahrt rausnahm. Dummerweise hat das wohl in der Folge einen Schalter bei mir im Kopf umgelegt, sodass ich auf der ganzen Tour die Berge nur noch langsam „runtergerollt“ bin. Im Endergebnis hätte ich vermutlich allein durch etwas schnelleres „Rollenlassen“ noch ein paar Minuten rausgeholt. 

Endlich in Prad angekommen, verstaute ich bei einem kurzen Stopp Windweste, Armlinge und Handschuhe. Es war zwar noch recht frisch, aber ab nun sollte es fast 1800 Meter bergauf gehen. Was bei der Fahrt zum Stilfser Joch sehr geholfen hat, war der Tipp aus dem Laktattest.

Ausblick auf die Kehren zum Stilfser Joch
Ausblick auf die Kehren zum Stilfser Joch

Ich habe es tatsächlich geschafft, meinen Puls bis zum Gipfel nicht über 160 zu treiben. Das hat mir auch erlaubt, mich mit dem einen oder anderen Fahrer zu unterhalten – was andere wiederum mit Kopfschütteln quittierten, wenn ihnen die Zunge sprichwörtlich schon am Boden hing.

Nur noch wenige Kehren...
Nur noch wenige Kehren…
...dann ist es fast geschafft.
…dann ist es fast geschafft.

Auf 2757 m angekommen, stach mir sofort leckerer Bratwurst-Geruch in die Nase. Allerdings war es zur Verpflegungsstation noch etwas weiter, wo es dann eher süße Kalorienbomben gab.

Da das Wetter wirklich traumhaft war – klarer Himmel, kein einziges Wölkchen – , wollte ich nach dem Nachfüllen der Reserven gleich ohne Umziehen weiter fahren. Nach einigen Metern in der Abfahrt wurde es mir dann doch zu kalt. Also legte ich noch einen weiteren Stopp ein und zog mir die warmen Teile wieder an.

Leider ging es den Berg hinab wieder mit „angezogener Handbremse“,

Bergab so schnell es eben ging.
Bergab so schnell es eben ging

und viele Fahrer überholten mich ganz entspannt. Im letzten Teil fand ich aber eine Gruppe und freute mich schon auf Begleitung bis zum letzten Anstieg nach Reschen. Die Freude währte allerdings nur kurz, da alle anderen aus der Gruppe an der Abzweigung für die große Runde abbogen.

Auf mich allein gestellt sah ich kurze Zeit später einen weiteren Fahrer einige hundert Meter vor mir. Das motivierte mich zwar, ich kam aber nur millimeterweise an ihn heran. Als ich ihn endlich eingeholt hatte, wurde mir mit Weste, Armlingen und Handschuhen bei der stehenden Sonne im Tal zu heiß. Also hieß es, noch einmal anhalten und wieder alles ausziehen. Im nächsten Anstieg konnte ich dann einige Fahrer einsammeln. Es bildeten sich immer wieder kleinere Grüppchen, wobei ich jetzt auch mit etwas mehr Einsatz fuhr. Das Ziel war ja nicht mehr weit.

Allerdings stand noch eine längere Schotterpassage und ein „Auf und Ab“ auf dem schmalen Radweg um den Reschensee an.

"Strade bianche" am Reschensse
„Strade bianche“ am Reschensse

Als es dann wenige Kilometer vor dem Ziel wieder auf die Straße ging, übernahm ein Mitstreiter die Führung und drückte bei leichtem Gegenwind noch einmal richtig aufs Gas, sodass wir sogar hier noch eine größere Gruppe überholten.

Am Ende war ich völlig überrascht und stolz, so schnell gefahren zu sein. Knapp über 5h Fahrzeit standen auf dem Tacho und in den Ergebnislisten.

 

Nach einer schnellen Dusche habe ich dann zusammen mit Peter, der wie erwartet deutlich schneller unterwegs war, noch etwas Zeit auf der Festwiese verbracht. Und am Abend gab es zur Belohnung eine große Pizza.

Alles in allem eine tolle Veranstaltung, die sehr viel Spaß gemacht hat. Und auch wenn wir mit dem Wetter großes Glück hatten – pure Sonne und optimale Temperaturen –,  kann ich den Giro sehr empfehlen.

Zum Abschluss noch ein kleiner Tipp für alle, die in den nächsten Jahren mitfahren wollen: Die Startnummern waren mit einer klebenden Rückseite ähnlich einem Post-It versehen und wurden so auf den Transponder aufgeklebt. Allerdings hielten sie nicht gut und fielen schon nach kurzer Zeit ab. Bringt also sicherheitshalber etwas Klebeband, Büroklammern, Startnummern-Magnete oder ähnliches mit.

Und noch ein kleiner Tipp für alle Besitzer eines Storck Aerfast 4: Wenn Euer Rad ebenfalls knarzt, probiert die hintere Steckachse zu fetten und gut anzuziehen. Das hat mir geholfen und offenbar einem Mitfahrer beim Giro ebenfalls. Und es wurde mir auch gleich als erstes empfohlen, als ich bei Storck deswegen nachgefragt hatte.

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